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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 9 K 2738/05
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1 | |
EStG § 12 Nr. 1 S. 2 |
HESSISCHES FINANZGERICHT
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
Geschäftsnummer: 9 K 2738/05
In dem Rechtsstreit
wegen Einkommensteuer 2004
hat Richter am Hessischen Finanzgericht als Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 19. Juni 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für den Bezug der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Die Kläger, die für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden, bezogen seinerzeit jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger war als angestellter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Firma ... in ... tätig.
Im Streitjahr bezog der Kläger die FAZ im Abonnement, wobei er die Zeitung jeweils in seiner Privatwohnung erhielt. Die daraus resultierenden Aufwendungen in Höhe von insgesamt 377,40 € machte er als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Nähere Erläuterungen dazu weist die Steuererklärung nicht auf.
Bei Erlass des Einkommensteuerbescheides für das Streitjahr vom 31. Mai 2005 berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend.
Mit ihrem dagegen erhobenen Einspruch begehrten die Kläger weiterhin unter anderem den Abzug der Aufwendungen für die FAZ als Werbungskosten. Zur Begründung beziehen sie sich auf das unter dem Geschäftszeichen IX ZR 472/00 ergangene Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH), wonach Steuerberater zur Vermeidung von Regressansprüchen eine gut informierte Tageszeitung lesen müssten und sich nicht auf die Lektüre von Fachzeitschriften verlassen dürften. Ergänzend dazu verweist der Kläger auf einen Aufsatz des Richters am BGH, Raebel, veröffentlicht in der Zeitschrift Deutsches Steuerrecht, der sich mit demselben Thema auseinandersetzt. Der Kläger sieht sich als Folge des o. g. BGH - Urteils verpflichtet, die bestinformierte Tagespresse zu verfolgen.
Außerdem habe er neben der FAZ auch die ... abonniert. Bei dieser Zeitung stehe der Lokalteil und nicht der Wirtschaftsteil im Vordergrund. Hinsichtlich des Abzugs der Aufwendungen für die FAZ blieb der Einspruch ohne Erfolg; auf den Inhalt der Einspruchsentscheiddung vom 24.8.2005 wird verwiesen.
Mit der sodann erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr auf den Abzug der Aufwendungen für die FAZ als Werbungskosten weiter; zur Begründung der Klage berufen sie sich im Wesentlichen auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren.
Ergänzend führen sie aus, die FAZ sei für ihren Wirtschafts- und Finanzteil allgemein anerkannt. Ggf. sei eine Aufteilung der Kosten in Betracht zu ziehen. Diese sei möglich. Die FAZ bestehe aus insgesamt 6 Teilen. Davon würden 3 Teile seinen Beruf berühren, nämlich die Teile Politik, Wirtschaft und Finanzen. Danach sei zumindest die Hälfte der Kosten abziehbar.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom ... bzw. ... und des Einkommensteuerbescheides für 2004 vom ... die Aufwendungen für den Bezug der FAZ in Höhe von 377,40 € als Werbungskosten zu berücksichtigen;
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt der Klage unter Verweisung auf seine Einspruchsentscheidung vom ... entgegen.
Dem Gericht lag eine Einkommensteuerakte für das Streitjahr vor.
Entscheidungsgründe:
A. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat den einkommensteuerlichen Abzug der Kosten für den Bezug der FAZ zu Recht versagt.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung - EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2006, 782 m.w.N.).
Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Der Abzug der Aufwendungen bleibt nur dann in voller Höhe zulässig, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, das Hineinspielen der Lebensführung nicht ins Gewicht fällt und von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 18. Mai 2005 VIII R 43/03, BFH/NV 2005, 2174). Der Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entnimmt die Rechtsprechung des BFH ein Aufteilungs- und Abzugsverbot gemischter Aufwendungen (vgl. die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19.10.1970 - GrS 2/70, BStBl II 1971, 17 und GrS 3/70, BStBl II 1971, 21 sowie vom 27.11.1978 - GrS 8/77, BStBl II 1979, 213). An dieser Rechtsprechung hat der BFH trotz Kritik auch in jüngster Zeit festgehalten (vgl. BFH - Urteil vom 17.7.2007 - IX R 49/05, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2008, 233). Unterstrichen wird dies auch durch den Vorlagebeschluss des 6. Senates des BFH vom 20.7.2006 - VI R 94/01, BStBl II 2007, 121 an den Großen Senat des BFH, der ebenfalls von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen ausgeht, jedoch für eine weitere Fallgestaltung eine Ausnahme vom Aufteilungsverbot als geboten erachtet.
2. Bei der FAZ handelt es sich um eine allgemein interessierende Themen darstellende Tageszeitung, die täglich über das Geschehen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft berichtet. Sie weist täglich einen Sportteil und ein Feuilleton auf. Daneben wechseln die Berichterstattungen u.a. über technische Entwicklungen, Reiseziele, Natur und Wissenschaft sowie über den Immobilienmarkt ab. Die Wochenendausgabe enthält einen umfangreichen Stellenanzeigenteil.
Auf Grund dieser Allgemeinheit der Publikation berührt die Zeitung zu einem ganz erheblichen Teil den Bereich der privaten Lebensführung. Im Streitfall wird dies noch dadurch unterstrichen, dass die FAZ dem Kläger seinerzeit in dessen Privatwohnung zugestellt wurde.
Dass es sich bei den Kosten für den Bezug der FAZ deshalb um sog. gemischte Aufwendungen handelt, stellen auch die Kläger nicht mehr in Frage. Vielmehr bestätigen sie deren Mischaufwandscharakter mit ihrem Hilfsvortrag, die Kosten aufzuteilen in einen beruflich und einen privat veranlassten Teil der Aufwendungen.
Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich deshalb an dieser Stelle.
Auch ein Werbungskostenabzug unter dem Gesichtspunkt einer nahezu ausschließlichen beruflichen Nutzung der FAZ durch den Kläger als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer kommt im Streitfall nicht in Betracht. Dagegen spricht bereits der dargestellte breit gefächerte Inhalt der FAZ. Im Hinblick auf diese Breite der von der FAZ gebotenen Informationen bleibt der Umstand, dass die Kläger im Streitjahr neben der FAZ noch eine Lokalzeitung abonniert hatten, ohne Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens.
Aus dem von den Klägern zitierten Urteil des BGH vom 15.7.2004 - IX ZR 472/00, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2004, 3487, ergibt sich für den Streitfall nichts anderes.
Gegenstand jenes Zivilrechtsstreits war ein Schadensersatzanspruch eines Mandanten (Steuerpflichtigen) gegen seinen Steuerberater. Dem Steuerberater war vorgehalten worden, auf eine steuerverschärfende Maßnahme des Gesetzgebers nicht rechtzeitig genug reagiert zu haben. Dem Inhalt des dem genannten Urteil beigegebenen Leitsatzes zufolge kann ein Steuerberater gehalten sein, sich nach Berichten in der Tages- oder Fachpresse über Vorschläge zur Änderung des Steuerrechts aus allgemein zugänglichen Quellen über den näheren Inhalt und den Verfahrensstand solcher Überlegungen zu unterrichten. Die Klage blieb allerdings insoweit erfolglos, als sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater zum Gegenstand hatte.
Auch die sonach eventuell bestehende Möglichkeit, ohne die Lektüre der Tagespresse einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt zu sein, ändert nichts an der Mischveranlassung des Bezuges der FAZ durch den Kläger. Denn die Vermeidung von Schadensersatzansprüchen durch Lektüre der Tagespresse mag den Bezug der FAZ für den Beruf des Klägers als dienlich erscheinen lassen.
Eine nahezu ausschließliche berufliche Nutzung der FAZ ergibt sich auf Grund ihres bereits dargestellten breitgefächerten Inhalts für das Gericht daraus nicht.
Hinzu kommt, dass es sich bei dem dem BGH-Urteil vom 15.7.2004 zugrundeliegenden Sachverhalt um einen nicht alltäglichen Sonderfall einer rückwirkenden Steuerverschärfung in einem eng umgrenzten Bereich des Steuerrechts gehandelt hat. Dies rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts nicht den hier vorliegenden Dauerbezug der FAZ durch den Kläger. Ob ein Einzelbezug der FAZ zur Beobachtung des Geschehens in einer besonderen Phase der Beratung von Gesetzesänderungen auf dem Gebiete des Steuerrechts anders zu beurteilen sein könnte, kann hier offen bleiben. Dass der Kläger im Streitjahr durch eine derartige besondere Situation veranlasst war, die FAZ zeitweise zu beziehen, ist nicht erkennbar. Dagegen spricht schon der hier vorliegende Dauerbezug im Wege eines Abonnements.
Schließlich konnte das Gericht auch dem Hilfsvortrag der Kläger, die Kosten des Abonnements für die FAZ anteilig als Werbungskosten zum Abzug zuzulassen, nicht folgen. Schon der Ausgangspunkt der Argumentation der Kläger, die FAZ bestehe aus 6 Teilen, von denen 3 Teile seinen Beruf berühren würden, geht fehl. Durch die unterschiedlichen Beilagen ist der Umfang der FAZ nicht gleichbleibend. Damit schwankt auch der Umfang der von den Klägern zugrunde gelegten Anteile. Zudem berühren auch die Teile Politik, Wirtschaft und Finanzen nicht ausschließlich den Beruf des Klägers. Vielmehr kommt auch hier die Breite der allgemeinen Berichterstattung der FAZ als Tageszeitung zum Tragen. Auch in diesen Bereichen finden sich Berichte von allgemeinem Interesse, so dass auch hier von einer Mischveranlassung auszugehen ist.
Im Übrigen wird auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen, wonach bei einer Tageszeitung nach objektiven Kriterien nicht bestimmt werden kann, in welchem Umfang die Zeitung zur Erlangung beruflicher und außerberuflicher Informationen genutzt wird (BFH - Beschluss vom 7.4.2005 - VI B 168/04, BFH/NV 2005, 1300 - allgemein zur Tageszeitung eines Lehrers mit Hinweis auf das BFH - Urteil vom 7.9.1989 - IV R 128/88, BStBl II 1990, 19 u.a. zur FAZ eines Kulturkritikers). Das entscheidende Gericht sieht keine Gründe für ein Abweichen von dieser Rechtsprechung im vorliegenden Fall.
B. Dem Antrag der Kläger, die Revision zuzulassen, folgt das Gericht nicht. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur bei Vorliegen der dort näher bezeichneten Revisionsgründe zuzulassen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist ebenso wenig erkennbar wie das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Zudem ist das Gericht bei seiner vorliegenden Entscheidung der einschlägigen Rechtsprechung des BFH gefolgt. Im Übrigen haben auch die Kläger keine Gründe für die Zulassung der Revision mitgeteilt.
C. Die Kosten des Verfahrens waren den Klägern aufzuerlegen, weil ihre Klage ohne Erfolg geblieben ist (§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).
Ende der Entscheidung
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